Deutschland braucht jetzt Stabilität und Verlässlichkeit
Die Koalitionsverhandlungen laufen. Die Änderung des Grundgesetzes ist beschlossen. Der Bundesrat hat zugestimmt. Doch einige Knackpunkte stehen noch an, sagt Friedrich Merz im Gespräch beim FAZ-Kongress.

- Wir müssen unser Land wieder nach vorne bringen.
- Deutschland muss sich wieder in Europa einbringen.
- Wir müssen Sicherheit stärken und Verteidigung aufbauen.
- Der Politikwechsel für Deutschland ist möglich.
Deutschland hat Potenzial, Kraft und Dynamik. Wir müssen sie nur fördern, sagt Friedrich Merz. Dazu braucht es eine stabile Regierung. Im Gespräch bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung macht der CDU-Chef deutlich: „Der nächste deutsche Bundeskanzler braucht eine stabile parlamentarische Mehrheit, mit der er verlässlich arbeiten kann. ” Deshalb gilt der Grundsatz: Es wird gründlich verhandelt. Offene Fragen müssen vor Regierungsbeginn im Grundsatz geklärt sein.
Unser Land wieder nach vorne bringen
Der Standort Deutschland ist derzeit nicht wettbewerbsfähig: Hohe Steuern und Abgaben, höchste Energiepreise, Lohnnebenkosten auf Rekordniveau – all das belastet Unternehmen und verhindert Investitionen. „Mit Deindustrialisierung, mit einer zu dichten Regulierung, mit einer beständig steigenden Bevormundung der Bevölkerung, wie sie leben sollen, wie sie Auto fahren sollen, wie sie heizen sollen, wird die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht zu erreichen sein. Wir wollen das ändern“, stellt Merz fest.
Neben den angeschobenen Investitionen braucht es daher Reformen: „Wir haben eine Abschaffung des Bürgergelds vereinbart, um mit einer neuen Grundsicherung dem alten Grundsatz des Förderns und Forderns wieder Wirkung zu verschaffen. Wir haben im Bereich der Wirtschaftspolitik, der Energiepolitik Verabredungen getroffen. Wir wissen, dass wir in den Sozialversicherungen noch nacharbeiten müssen.“
Einsparungen gehören dazu, so Merz: „Ich werde jetzt hier auch keine Ankündigungen machen. Aber wir werden in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD noch intensiv auch über die Haushaltskonsolidierung sprechen müssen.“ Merz macht deutlich, dass das Finanzpaket den Haushaltsausgleich nicht erleichtert. „Sondern er macht ihn perspektivisch sogar noch etwas schwieriger, weil wir mit der höheren Verschuldung, die wir in Kauf nehmen wollen über einen Zeitraum von zwölf Jahren, natürlich auch tendenziell eine höhere Zinslast in den Haushalten haben werden. Und das stellt uns vor große Anstrengungen und die sind noch nicht aufgeschrieben.“
Deutschland muss sich wieder in Europa einbringen
Der fortdauernde russische Krieg gegen die Ukraine, die „mit geradezu disruptiver Energie vorangetriebenen Veränderungen in den USA“ fordern zu schnellem Handeln auf. Dafür wurde der erste Schritt gegangen, weitere müssen jetzt folgen.
„Deutschland muss bereit sein, wieder eine Führungsverantwortung in der Europäischen Union zu übernehmen“, fordert Merz. „Es muss auch bereit sein, mit anderen zusammen zu sagen: Wir bündeln unsere Interessen. Die Interessen Europas gemeinsam wahrzunehmen, ist mehr als die Summe der Teile dieser Europäischen Union.“
Merz will mit anderen EU-Staats- und Regierungschefs das Gespräch suchen. Es geht darum, Entwicklungen zu erkennen und ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen: „Was sind denn unsere Interessen auf der europäischen Seite? Und wie können wir diese Interessen auch nicht nur der Ukraine zugutekommen lassen, sondern wie können wir auch unsere Interessen gegenüber Amerika zum Ausdruck bringen?“
Wir müssen Sicherheit stärken und Verteidigung aufbauen
Die Sicherheitslage hat sich auch in Europa in kurzer Zeit dramatisch verändert. Russlands hybride Kriegführung hat Deutschland und Europa längst erreicht. „Wir erleben täglich Angriffe auf unsere Versorgungsnetze und Desinformationskampagnen.“ Höhere Verteidigungsausgaben sind daher ein Muss, so Merz.
Es braucht aber auch ein Umdenken bei den Inhalten, so Merz. „Wir brauchen eine komplett andere Bundeswehr und nur dafür darf dieses Geld ausgegeben werden. „Wir müssen auch in der ganzen Methodik der Beschaffung etwas ändern”, fasst Merz die Lage zusammen. „Vor diesem Hintergrund bekommt die Frage des Budgets, das wir am Dienstag beschlossen haben, eine Relevanz wie die Frage, wer sich personell an der Bewältigung dieser Aufgabe beteiligt. Das ist nicht allein die Bundeswehr.“ Merz nennt auch Zivil- und Bevölkerungsschutz, Blaulichtorganisationen, Cybersecurity, „die wir dringend verbessern müssen“, Nachrichtendienstliche Expertise, „die wir nicht ausreichend haben. Das sind Dinge, die wir jetzt anpacken müssen”, macht Friedrich Merz auf dem FAZ-Kongress klar.
Ein Stopp der illegalen Migration ist nötig
Mit der SPD wurde schon in den Sondierungen „eine sehr weitreichende Korrektur der Migrationspolitik vereinbart“, stellt Merz fest. Diese Korrektur muss zu Ende gedacht und dann umgesetzt werden. „Wenn wir dieses Problem nicht lösen, dann haben wir den Auftrag für diese Bundesregierung nicht erfüllt. Wir sind uns einig darüber, dass wir gemeinsam den Weg zu einer sehr viel härteren Migrationspolitik gehen müssen. Wenn wir dieses Problem in dieser Koalition nicht lösen, dann haben wir den Rechtspopulisten in diesem Land den Teppich ausgerollt. Ich habe nicht vor, das zu tun.“
Der Politikwechsel für Deutschland ist möglich
„Wir müssen die Stimmung in unserem Land wieder verbessern“, stellt Merz fest. „Für mich ist das Glas immer halb voll anstatt halb leer. Ich würde das nicht machen, wenn ich nicht die Zuversicht hätte, dass in diesem Land mehr Potenzial, mehr Kraft, mehr Dynamik und auch mehr Freude besteht, als wir es zurzeit in der veröffentlichten Meinung sehen. Das ist unsere Aufgabe, die wir gemeinsam haben.“
CDU, CSU und SPD sind jetzt in der Pflicht. „Wir müssen in der politischen Mitte unseres Landes stabile demokratische Parteien haben, die an der Willensbildung des deutschen Volkes mitwirken und Themen und Interessen zur politischen Mitte hin bündeln“, bringt Merz die Kernaufgabe auf den Punkt. „Und auf dieser Basis arbeite ich mit Lars Klingbeil zusammen, in der Hoffnung, auch in der Erwartung, dass es uns beiden gelingt.“