Seit über 70 Jahren war gemeinsames Handeln in Europa nie so wichtig wie heute. Nur gemeinsam können die EU-Staaten dem Kriegstreiber Russland stark entgegentreten. „Ohne die konsequente Umsetzung von Sanktionen und das Zusammenbringen der EU-Mitgliedstaaten unter der Ägide der EU-Kommission hätte es wohl kaum eine geeinte und schlagkräftige europäische Antwort auf die russische Aggression gegeben.“ So schreiben es in der WELT CDU-Chef Friedrich Merz und Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. Die Stärke der EU zeigt sich in den wichtigen Themen und großen Linien. Doch die EU darf ihre Bürgerinnen und Bürger nicht überfordern – durch kleinteilige Vorgaben und Vorschriften. Denn dann verliert sie an Akzeptanz. Und nur darauf warten ihre Gegner.

EU vor größter Bewährungsprobe

Auch im Bundestag erklärte Merz mit Blick auf den anstehenden EU-Gipfel: „Die EU steht möglicherweise vor der größten Bewährungsprobe ihrer Geschichte.“ Europa, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen brauchen jetzt Erfolge, so Merz weiter. Erfolg im Sinne wirksamer Hilfen – jetzt und nicht erst im Frühjahr 2023.

Merz führt aus, was Europa jetzt tun sollte und was es NICHT tun sollte. Die „Bewährungsprobe“ im Eintreten gegen Russland, die finanziellen und humanitären Hilfen für die Ukraine – da hat die EU bestanden. Aber: „Wir hätten es für richtig gehalten, wenn die Ukraine auch mit Panzern westlicher Bauart ausgestattet worden wäre. Dieser Krieg wäre dann möglicherweise schneller zu Ende.“

Bürger und Unternehmen entlasten

Die Regierungserklärung des Kanzlers bietet Bürgern und Unternehmen leider „kaum etwas Konkretes, wann ihnen denn geholfen wird“. Merz kritisiert in diesem Zusammenhang auch das Arbeitsprogramm der EU: Immer neue Vorgeben und Vorschiften kommen aus der EU. Warum, so fragt Merz, lässt die Bundesregierung das immer weiter laufen? „Wir brauchen jetzt ein Belastungsmoratorium für die Unternehmen in der EU und in Deutschland.“ „Jetzt brauchen die Menschen eine klare Perspektive. Jetzt brauchen die Menschen und Unternehmen eine klare Antwort, wann sie denn mit Entlastungen rechnen können. Weil die meisten nicht mehr allzu viel Zeit haben.“

Osteuropa stärken

Auch Wolfgang Schäuble fordert eine Konzentration der Europäischen Union auf die großen Herausforderungen. In einem Gastbeitrag in der FAZ antwortet der langjährige Bundesminister a.D. und Parlamentspräsident bis 2021 auf die Forderungen Polens zu weiteren Entschädigungen. Die Forderungen sind abzulehnen, so Schäuble, doch die Sorgen Polens muss man ernst nehmen – die Forderung nach Sicherheit, nach Zusammenarbeit. Denn der russische Angriffskrieg auf unsere Freiheit bedroht vor allem auch Osteuropa. Er betont: „Wir brauchen eine tiefgreifende Reform, die das Gemeinwohl und die Gleichheit wieder an die Spitze der Union stellt.“ Das werde nicht ohne eine Änderung der Perspektiven gelingen: „Es sind die Mitgliedstaaten und nicht die EU-Institutionen, die über die Richtung und die Prioritäten des Handelns der EU entscheiden müssen“ zitiert er den polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki.