Als Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg nagelte, befand sich Europa mitten in einem umfassenden Wandel. Die Renaissance ließ die Philosophien des Altertums aufleben. Mit dem neuen Buchdruck war es möglich, neue Ideen weit zu verbreiten. Gedanken ließen sich nicht mehr unterdrücken. Dem Neuen waren Türen und Tore weit geöffnet. Das stellte vermeintliche Gewissheiten infrage. Dem stellte Luther die reine Lehre Jesu Christi als Zuflucht und einzige Gewissheit entgegen.

Der Mensch vor Gott steht im Mittelpunkt – das war der christliche Grundgedanke. Die Kirche in Rom hatte diesen Glauben zu einem Machtinstrument auf Erden ausgebaut. Es gab Missbrauch, wie den Ablasshandel. Luther forderte gegen diese Entwicklung eine Rückbesinnung im Glauben und eine Reform der Kirche. Was folgte war mit dem Protestantismus eine zweite große kirchliche Bewegung. Mit Luther wurde erstmals die ganze Heilige Schrift ins Deutsche übersetzt. Es entstand eine einheitliche deutsche Schriftsprache. Auch die römisch-katholische Kirche hat sich danach seither verändert und teilweise reformiert.

Das christliche Menschenbild

Für protestantische Christen gilt seither: Als Mensch kann ich mich direkt an meinen Gott wenden, das ist eine Kernaussage Luthers. Priester sind Mittler und dem seelischen Wohl der Gläubigen verpflichtet. Sie erklären und erläutern die biblische Botschaft. Sünden vergibt Gott bei echter Reue. Das Paradies kann ich nicht gegen Entgelt betreten. Daraus ergab sich eine neue Freiheit im Glauben – und eine neue Verantwortung vor Gott und den Mitmenschen.

Diesem Gedanken ist die CDU verpflichtet. Sie verbindet Vertrauen und Zuversicht mit Realismus und Demut. Im Zentrum steht die unantastbare Würde des Menschen. Wir Menschen sind nicht Schöpfer der Welt. Wir passen auf diese Erde auf. Wir sind verantwortlich, sie für unsere Kinder und Enkel zu erhalten und zu bewahren. Moderne CDU-Politik ist dieser Freiheit in Verantwortung verpflichtet. Sie stellt den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, ohne ihn zu überhöhen. Sie weiß: Der Mensch ist fehlbar, niemand kennt die letzte Wahrheit.

Die Lehre Luthers heute

Die Welt im Wandel, das ist auch die zentrale Aufgabe unserer Zeit. Der Klimawandel verändert die Bedingungen auf unserem Planeten. Künstliche Intelligenz wird unsere Art zu leben und zu arbeiten nachhaltig beeinflussen. Das Leben ist vielfach schneller geworden, die Kommunikation über Twitter, TikTok & Co hat die traditionellen Medien längst überholt. Vermeintliche Gewissheiten geraten so ins Wanken.

Viele Menschen haben das Gefühl, nicht mehr mithalten zu können oder zurückgelassen zu werden. Neue selbsternannte ‚Heilsbringer‘ versuchen daraus politisch Kapital zu schlagen: durch neue Freund- und Feindbilder, durch neuen Nationalismus, durch neue Polarisierung.

Dagegen braucht es auch heute eine Rückbesinnung auf grundsätzliche Werte. Diese Rückbesinnung aber lässt sich nicht verordnen. Wir müssen sie selbst finden und wollen. Auch das ist eine Lehre Luthers bis heute.

Die CDU bietet dieses feste Fundament. Nicht katholisch, nicht evangelisch, aber christlich fundiert. Sie hat sich mit ihrem neuen Grundsatzprogramm 2024 klar positioniert. Sie gibt ein Angebot, den Wandel in schwierigen Zeiten gemeinsam anzupacken und zu bewältigen. Als eine starke Gemeinschaft. Miteinander und im Sinne des ‚C‘ – der christlichen Grundwerte: Freiheit, Verantwortung und Solidarität.