„Demokratie lebt vom Vertrauen in alle staatlichen Institutionen und Verfassungsorgane. Wir werden daher das Parlament als Ort der Debatte und der Gesetzgebung stärken.“ Unions-Chef Friedrich Merz zitiert in der Aussprache zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vor dem Deutschen Bundestag aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Er macht deutlich, dass das Urteil die Konsequenz aus der Handlung der Bundesregierung über die vergangenen 18 Monate ist: „Sie haben dieses Parlament zu einem Ort der Debattenverweigerung und zu einem Ort des Durchpeitschens von Gesetzen gemacht. Sie haben nicht Vertrauen gewonnen. Sondern wir alle haben als Institution Vertrauen in Deutschland verloren.“ CDU und CSU appellieren, die Rechte des Bundestages künftig mehr zu achten.

Es geht um die Methode der Bundesregierung, kritisiert Merz. Denn alle Mitglieder des Deutschen Bundestags haben ein Recht, an Beratungen teilzunehmen und in der Sache angehört zu werden. Die Gesetzgebungen sind derzeit aber zu oft ungenügend, die Verfahren „für eine Demokratie unwürdig“.

Regierung ist im permanenten Krisen-Modus

Gesetzgebung muss manchmal schnell sein, gesteht der CDU-Chef der Bundesregierung zu. „Das gilt vor allem für Krisen.“ Bei den allermeisten Gesetzen der letzten eineinhalb Jahre ging es aber nicht um Krisen des Landes.

In den letzten Jahrzehnten ist rund jedes sechste Gesetz mit Fristverkürzung verabschiedet worden, rechnet Merz vor. „Im letzten Jahr – coronabedingt – jedes zweite. In diesem Jahr – ohne eine externe Krise – werden drei von vier Gesetzen dieser Koalition nicht mehr mit der Einhaltung der per Geschäftsordnung und in Gesetzen vorgesehenen Fristen beraten. Das ist eine Missachtung des Parlamentes, die es in dieser Dimension in der Geschichte des Deutschen Bundestags noch nicht gegeben hat.“

Respektlosigkeit und Akte der Unfreundlichkeit

Merz macht klar deutlich: Die Regierung hat die Sitzordnung im Bundestag geändert – ohne Rücksicht auf die Union. Eine Wahlrechtsreform wurde „mit der Mehrheit gegen die Minderheit durchgesetzt“, wo früher immer miteinander entschieden wurde. „Das ist ein einmaliger Vorgang, der das Klima in diesem Hause vergiftet hat, bis zum heutigen Tag.“

Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde fadenscheinig abgelehnt. Gegen ein im Grundgesetz vereinbartes Quorum. Der Bundeskanzler beantwortet in der Fragestunde nicht die gestellten Fragen; er belehrt stattdessen die Fragesteller, sie würden die falschen Fragen stellen. „Das ist ein Ausdruck der Respektlosigkeit dem Deutschen Bundestag gegenüber, der vollkommen inakzeptabel ist.“

Union fordert konstruktive Debatte zum Heizungsgesetz Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtbefassung des Heizungsgesetzes galt der Form, stellt Merz fest. Aber die Form bestimmt auch den Inhalt. Deshalb ist es sinnvoll, auch über die Inhalte neu zu debattieren. Merz kritisiert scharf: „Wenn Sie jetzt schon für die nächste Sitzungswoche des Deutschen Bundestags im September dieses Gesetz in unveränderter Form auf die Tagesordnung setzen, dann ist das ein weiterer Ausdruck von Respektlosigkeit und Ignoranz dem Deutschen Bundestag gegenüber.“ Die Bundesregierung verweigert sich damit den Diskussionen in der Sache.

Appell zum Miteinander

Wie sterben Demokratien, fragte vor 4 Jahren Timothy Snyder. Seine Antwort: Eingriffe in das Wahlrecht. Willkürliche Missachtung der Rechte von Minderheiten. „Die Qualität einer Demokratie zeigt sich nicht darin, ob die Mehrheit jederzeit ihre Rechte durchsetzt“, stellt Merz dazu fest. „Die Qualität einer Demokratie zeigt sich darin, ob die Mehrheit Respekt und Achtung vor den Rechten der Minderheit hat.“

„Lassen Sie uns diese Sommerpause nutzen“, fordert Merz in Richtung der Ampel-Parteien. „Ich möchte Ihnen anbieten, dass wir über die Sommerferien einmal in aller Ruhe darüber nachdenken, wie wir gemeinsam dazu beitragen können, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den Deutschen Bundestag wieder gestärkt wird. Lassen Sie uns einen Augenblick innehalten. Lassen Sie uns darüber nachdenken, wie wir die Arbeit zwischen der Opposition und der Regierung, zwischen der Mehrheit und der Minderheit im Parlament so gestalten können, dass wieder eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie fast.“ Das, so Merz, sind die Abgeordneten der Demokratie, dem Land und den Menschen schuldig.