Hartes Handwerk statt weicher Themen
Nein, es geht nicht um Erziehungszeiten oder Kitaangebote. Es geht nicht um Schule und Kultur. Es geht nicht um den Zebrastreifen, Pausenbrote oder Mediatheken. Das alles ist wichtig. Aber, wenn Frauen Politik machen, dann geht es um alles, um das große Ganze. Es geht um neue Wohnungen und bestehende Baugebiete. Es geht um kommunale Finanzen, Staatsverschuldung und Schuldenbremse. Es geht um mehr Busse und Bahnen – aber auch um eine neue Verkehrspolitik. Es geht um Startups, Wirtschaftsansiedlungen und neue Jobs mit Zukunft. Wenn Frauen Politik machen, geht es um hartes Handwerk, nicht um vermeintlich weiche Themen.
In der CDU-Zentrale in Berlin, dem Konrad-Adenauer-Haus – [auch so ein alter weißer Mann] – diskutierten dazu auf den unterschiedlichen Podien 19 Frauen und ein Mann. „Hartes Handwerk statt weicher Themen“, steht dann auch bei Ronja Kemmer im Mittelpunkt der Debatte. „Frau kann Kommune.“
Frau in MINT? Das funktioniert prima!
Die junge Bundestagsabgeordnete aus Esslingen wehrt sich vehement gegen Politik-Klischees. Erfolgreiche Politik dreht sich „um inhaltliche und strategische Fragen“, sagt sie – und meint selbstverständlich alle Themen. Kemmer selbst steht ihre Frau in Fragen der Technik, von so genannten MINT-Themen, vermeintlich männliche Domänen. Ihr Aufgabengebiet im Bundestag ist Bildung, Forschung und Technikfolgeabschätzung. Sie sitzt im Ausschuss Digitale Agenda du vertritt die CDU/CSU Bundestagsfraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Dazu ist Kemmer Obfrau der Enquete-Kommission ‚Künstliche Intelligenz‘.
Diskussionsleiterin Ronja Kemmer mit der Vorsitzenden der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz, und dem KPV-Vorsitzenden Christian Haase. (Foto: Tobias Koch)
Als JU-Kandidatin wurde Kemmer 2022 Präsidiumsmitglied der CDU. Jetzt will sie auch andere Frauen ermutigen – und ertüchtigen. Wie das geht, diskutiert sie mit aktiven Frauen, die ihren Weg vor Ort begonnen haben.
„Wir haben großartige Kommunalpolitikerinnen.“
Auch die Vorsitzende der CDU-Frauen, Annette Widmann-Mauz, kennt die Bedeutung der Kommunalpolitik. 10 Jahre war sie Abgeordnete des Kreistags in ihrer Heimat. Und sie freut sich, dass immer mehr Frauen den Weg in die Politik finden und dort sehr gute Arbeit leisten. „Davon gibt es viele“, freut sie sich, fordert aber auch: „Aber, seien wir ehrlich: Es könnten schon mehr sein.“ Derzeit liegt die Beteiligung von CDU-Frauen an den Mandaten zumeist zwischen 13 und 36 Prozent.
Will man Frauen gewinnen und fördern, muss man die Ausgangslage kennen, sagt Widmann-Mauz. „Wichtig ist für uns, dass wir mehr wissen, wie die Situation vor Ort ist. Wenn wir nicht wissen, wo unsere kommunalpolitisch tätigen Frauen sitzen, dann können wir sie nicht begleiten, unterstützen und fördern.“ Deshalb, so fordert sie, „muss das besser vorgehalten werden“.
„Es darf nicht immer eine Ochsentour eingefordert werden.“ Annette Widmann-Mauz
„Wir könnten deutlich besser sein, wenn wir die Instrumente dafür auch nutzen“, so die CDU-Abgeordnete. Was mögliche Stellschrauben sind? „Unsere Kultur“, sagt sie auf Nachfrage spontan. „Es fängt bei der Willkommenskultur an.“ Man muss mehr in die Verbände, Initiativen und Vereine reingehen. „Wir müssen uns immer wieder fragen: Findet diese Ansprache statt? Sind wir so präsent, dass Frauen sagen: Zusätzlich zu allem anderen habe ich noch Lust, Kommunalpolitik zu machen.“
Darüber hinaus muss man neue Mitglieder vor Ort einbinden und fördern. „Auch da können wir besser werden. Wir müssen rausgehen und ansprechen“, sagt Widmann-Mauz. Und: Zur Willkommenskultur gehört auch die Frage: „Haben wir Listen und Plätze“ für Frauen. Die Frauen-Unions-Vorsitzende fordert konkrete Angebote. Die CDU muss zeigen: Dort sind Eure Plätze.
„Frauen können besser sein, weil sie anders hinsehen.“
In der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands – kurz KPV – ist fast die Hälfte des Bundesvorstandes weiblich, stellt Christian Haase heraus. Doch der einzige Mann auf den Podien ist der KPV-Vorsitzende. Eine Quote brauchte es für diese Gleichheit nicht, versichert er. „Weil die Frauen gut sind. Von daher brauchen wir keine Quote.“ Vielmehr sind Frauen in seinem Vorstand eine echte Stütze. „Parität ist gelebte Lebenswirklichkeit für die KPV.“ Der Frauenanteil in der KPV insgesamt liegt allerdings darunter. Er spiegelt den Anteil in den Räten und Kreistagen vor Ort wider. Ob Frauen sich engagieren wollen, „hat viel mit der Kultur zu tun, die wir leben“, sagt er. In der KPV gibt es immer offene Debatten und einen fairen Umgang.
„Ich glaube, Frauen können das. Frauen können oft besser sein als Männer, weil sie anders hinsehen. Deshalb brauchen wir mehr Frauen auch in Führungspositionen.“ Christan Haase
„Wir können die Welt verändern.“
36 Jahre kommunale Erfahrung hat Margret Mergen selbst. Die Oberbürgermeisterin a.D. von Baden-Baden will Frauen vor allem ermutigen. Denn vieles „erfordert Mut“, sagt sie. „Das müssen wir vielen Frauen mitgeben: Haben Sie Mut! Diesen Zuspruch müssen wir innerhalb der CDU und in dem Netzwerk geben.“ Auch sie sagt, dass Frauen mehr als viele Männer ein positives Feedback brauchen, um motiviert zu werden, ob beim Redebeitrag oder zum Outfit: Frauen reagieren sehr positiv auf Zuspruch.
„Frauen sind oft zu selbstkritisch“, hat Mergen oft feststellen müssen. Aber alle können lernen. „Es bricht uns kein Zacken aus der Krone, wenn wir fragen“, ermuntert sie zu offenem Umgang mit offenen Fragen. Auch sie selbst habe Anregungen gesucht und angenommen: „Wenn ich keine Erfahrung sammeln kann, wie soll ich dann Jahr für Jahr mehr mit nach Hause nehmen.“
„Ich habe mir Unterstützung geholt. Und ich habe Netzwerke gebaut. Und ich habe einfach gesagt: Ja, ich will.“ Margret Mergen
„Wir können die Welt verändern“, sagt sie. In allen Bereichen – ob Kita, Verkehr, Bildung oder Startups. Mergen fordert die CDU auf, dass mehr Frauen Chancen bei Kommunalwahlen bekommen – und das auch selbst einfordern: „Wenn Sie sich jetzt noch nicht getraut haben, dann trauen sie sich jetzt. Hingehen, auf die Liste setzen lassen, Nachbarin gleich mitnehmen.“
„Wir brauchen mehr Frauen, die andere Frauen ermutigen.“
„Ich wurde als Lückenfüller angesprochen.“ Jessica Steiner ist auch heute noch ein bisschen die Schadenfreude anzusehen. Sie sollte „nur“ auf die Liste. Doch dann wurde sie mit 24 Jahren Stadträtin in Leipzig. Aufgrund ihrer vielfachen ehrenamtlichen Arbeit war sie plötzlich dabei. Das Problem: Weil sie in der CDU nicht vernetzt war, wurde sie „komisch angesehen“. Deshalb fordert Steiner: „Es ist wichtig, dass wir uns über die Kommunalpolitik hinaus vernetzen.“
Ansprache bekam sie auch aus anderen Fraktionen, bekam aus deren Reihen sogar einen Ausschussvorsitz abgetragen. Sie nahm an, weil andere Frauen – und Männer – an sie glaubten. „Es ist unglaublich wichtig, dass man diesen Zuspruch erhält“, sagt sie. „Wir brauchen mehr Frauen, die andere Frauen ermutigen. Wir brauchen auch Männer, die uns das zutrauen. Und dann gilt: Learning by Doing. Man lernt viel, während man solche Sachen übernimmt.“
„Wir brauchen mehr Frauen, die andere Frauen ermutigen. Wir brauchen auch Männer, die uns das zutrauen.“ Jessica Steiner
Vor allem Frauen müssen aber lernen, auch Chancen zu nutzen und nicht an sich selbst zu zweifeln. Sie findet es super, „wenn die Leute sich vernetzen und dann merken, dass sie was erreichen können.“ In Leipzig gibt es seither ein Netzwerk der Vereine. „Das ist ein Netzwerk geworden, das empowert hat. Dazu konnte ich mit unserem Landtagsabgeordneten beitragen.“
Steiner wünscht sich auch klare Zeitregeln: „Frauen sind sehr zeitbewusst. Und sie fragen immer erst: Wie viel Zeit muss ich da mitbringen.“ Kinderbetreuung im Rathaus ist auch deshalb „eine unglaubliche Entlastung, die den Druck rausnimmt“. Sie fordert: „Wir sollten unvoreingenommen über solche Lösungen diskutieren.“ Auch, wenn man als CDU manchmal noch skeptisch ist.
„Wir sind viele. Wir sind gut. Und wir sollten noch mehr Kraft entwickeln.“
Auch die KAS-Kommunalbeauftragte war selbst vor Ort aktiv, u.a. als Stadträtin in Karlsruhe. Heute ist sie Co-Vorsitzende im Landesfrauenrat in Baden-Württemberg. „Ich bin als politische Streetworkerin eingeladen“, stellt sie gleich zu Beginn fest. Sie analysiert: Was sind die Meilensteine und Stellschrauben?
„Kommunalpolitik für Frauen ist dann attraktiv, wenn sie sichtbar ist, wenn sie denkbar ist und wenn sie machbar ist für Frauen.“ Elke Erleke
Kommunalpolitik muss sichtbar sein. Das ist sie, wenn Kommunalpolitikerinnen anderen Menschen Hoffnung bringen können. „Wir müssen sagen: Wo sind die Frauen und wie können wir sie zusammenbringen?“ Damit Kommunalpolitik denkbar ist, muss die vor den Frauen liegende Zeit angemessen und sinnvoll sein. Schon vor Beginn muss klar sein: Das kann und wird funktionieren. Denn vor allem für Frauen gilt: „Kommunalpolitik ist vielleicht von fünf Lebensbereichen einer.“ Machbar heißt, die Anforderungen dürfen keine Überforderungen sein. Frauen überlegen sich genauer als viele Männer, ob sie sich dem aussetzen.
CDU will Frauen für Politik begeistern.
Mehr Frauen in die Politik, in Ämter und Mandate. Mehr Verantwortung für Frauen, um die ganze Gesellschaft abzubilden. Der CDU-Vorsitzende Merz hat sich das zur eigenen Aufgabe gemacht. Damit es keine Worthülse bleibt braucht es ein Bündel an Maßnahmen. Die Quote ist dabei nur ein erstes Hilfsmittel. Ehrliche Ansprache – auch in Vereinen und Verbänden – und ehrliches Einbinden sind wichtige Voraussetzung. Frauen müssen gehört, ihre Ideen umgesetzt und ihre Ambitionen unterstützt werden. Und manchmal muss Mann auch mal Mut machen, damit Frau die erste Schritte gelingen.
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