Unsere Landwirte brauchen wieder Planbarkeit
Zusammengefasst:
- Die Landwirtschaft braucht ein Zukunftsversprechen
- Planungssicherheit bieten
- Fehler eingestehen und neu ansetzen
- Staatseinnahmen sinnvoll einsetzen
Gesunde Lebensmittel aus Deutschland – darum und um manches mehr geht es jedes Jahr bei der Grünen Woche in Berlin. Begleitet wurde die Agrarmesse in diesem Jahr durch Proteste vieler Landwirte gegen die Politik der Ampel. Diese wiederum bringt durch widersprüchliche Beschlüsse, Einsparungsvorschläge und internen Streit zusätzliche Unsicherheit für den ländlichen Raum.
Wie geht es weiter? Was muss Politik leisten, damit unsere Landwirte im EU-weiten Wettbewerb erfolgreich wirtschaften können? Und wie muss Politik richtig entscheiden, damit wir als Verbraucher gute Produkte zu günstigen Preisen erwerben können? CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann suchte dazu online das Gespräch mit CDU-Mitgliedern und CDU-Landwirten. Mehrere hundert von ihnen diskutieren im Online-Format “CDU Live” mit. Gesprächspartner im Studio waren die Fachpolitiker Gitta Connemann und Steffen Bilger.
„Wir sind die Partei der Landwirte. Wir haben Fehler gemacht, deshalb müssen wir wieder Vertrauen aufbauen. Aber wir haben Zeichen für die Landwirte gesetzt.“ Carsten Linnemann
Leistungsschau legt Probleme offen
CDU-Mittelstandschefin Gitta Connemann legt den sichtbaren Zwiespalt offen: „Einerseits sehen wir auf der Grünen Woche, wie leistungsfähig die deutsche Landwirtschaft ist. Andererseits sehen wir die Sorgen der einzelnen Landwirte.“
Connemann selbst kommt aus einer Landwirtschaftsfamilie, arbeitete lange Jahre mit direktem Bezug zur Landwirtschaft. Sie kennt die Probleme aus eigenem Erleben und macht angesichts der Debatte deutlich: „Es ist etwas faul in unserem Land.“ Es gibt keinen echten Dialog zwischen Bundesregierung und Landwirten, kritisiert sie. Und: „Es war enttäuschend, dass bei der großen Bauerndemo von der Ampel keiner da war.“
„Wahrscheinlich wären die meisten Landwirte glücklich, wenn es gar keine Subventionen bräuchte. Aber wir befinden uns in einem europäischen Wettbewerb. Das zeigt auch, wie wichtig die Europawahl dieses Jahr ist.“ Steffen Bilger
„Es gibt gute Gründe für die Zahlungen, auch beim Agrardiesel“, sagt Steffen Bilger. Er sitzt für die CDU im Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft. Seine Erkenntnis: Die Landwirte „brauchen diese einfach. Sie brauchen den Agrardiesel auch, weil sie im europäischen Wettbewerb stehen.“ Bilger macht deutlich: Schon seit Jahren versuchen die Grünen die Unterstützungen für die Bauern abzubauen. Deshalb sind ihre aktuellen Begründungen auch kaum glaubwürdig. Sie wirken vorgeschoben.
Die Landwirtschaft braucht ein Zukunftsversprechen
Dass etwas im Argen liegt, zeigt das ‚Höfesterben‘ in Deutschland. Bilger sieht als Ursache die unbeantwortete „die Frage, wie geht es denn weiter mit der jungen Generation?“ Denn der Gewinn des letzten Jahres war eine Ausnahme. Gehaltszuwächse, wie in anderen Bereichen, gibt es für die zumeist selbständigen Landwirte kaum. Seine Forderung: „Wir müssen mehr tun, um junge Menschen zu ermutigen, in der Landwirtschaft aktiv zu werden.“
„Es wurde in den letzten Jahren immer wieder eingegriffen. Das ist jetzt nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“ Gitta Connemann
Chancen dazu gibt es, ergänzt Connemann: „Es gibt so viele junge Menschen wie nie zuvor, die in die Landwirtschaft wollen. Auf Fachhochschulen, in Betrieben und an Universitäten. Es sind oft die Eltern mit einem eigenen Hof, die abraten, weil sie dort keine Zukunft für ihre Kinder sehen.“
Politik für bezahlbare Lebensmittel und gesunde Ernährung
Dabei braucht es die Landwirtschaft in Deutschland. Regionale Produkte sind vielfältig, gut und umweltfreundlich. Doch viele Lebensmittel wurden in den letzten Jahren teurer. „Wir sehen, dass die Inflation gerade über die Lebensmittel so viele Menschen betrifft, gerade die Geringverdiener“, stellt Connemann fest.
„Wir müssen Politik machen, damit Lebensmittel bezahlbar bleiben“, sagt Bilger. Zum Vorschlag für Steuersenkungen auf Grundnahrungsmittel zeigen sich die CDU-Politiker offen. Auch Zusatzsteuern müssen hinterfragt werden. Für manche Produkte addiert sich derzeit Steuer auf Steuer: Sektsteuer, Alkoholsteuer, Mehrwertsteuer sind nur einige Beispiele – dabei wurde erstere 1902 zur Finanzierung von Kaiser Wilhelms Marine eingeführt und ist eigentlich längst obsolet. Dazu kommen Zusatzkosten, u.a. durch Mautgebühren und CO2-Abgaben. Bilger: „Wir müssen aufpassen, dass sich gut zu ernähren nicht immer teurer wird.“
Bilger: „Wir müssen alles tun, damit die Leute auch etwas wissen über gute Ernährung.“ Die Union schlägt vor: Bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln und ihrer Herkunft. Dann können mündige Verbraucher selbst entscheiden. Die Vorschläge dazu werden von anderen immer wieder abgelehnt, kritisiert er. Vor allem die Grünen wollen die aus ihrer Sicht richtige Ernährung gerne vorschreiben.
Umwidmungen vermeiden
„Es wird leider auch Fläche veraast“, stellt Connemann fest. Nimmt man aber Flächen aus der Nutzungsfläche heraus, hat das Folgewirkungen. Landwirte verlieren Anbaufläche und bekommen zusätzliche Aufgaben. Das funktioniert nicht. Die CDU will „keine weiteren Flächenstilllegungen. Wir hoffen, dass es in der EU neue Ansätze gibt und dass wir mehrheitsfähig für unsere Ideen werden“. Connemann fordert: „Lieber Natur- und Umweltschutz qualitativ angehen. Wir brauchen die Fläche.“
Vor allem die weitere Verschärfung von EU-Gesetzen bei der Umsetzung in Deutschland lehnt die Union ab. „Was in Europa gilt, muss auch in Deutschland gelten. Aber bitte nicht immer noch etwas draufsetzen.“
Planungssicherheit bieten
Wie kann man Tierwohl steigern ohne Preise zu sehr zu steigern? Die Antwort ist einfacher als man denken mag, so Connemann: „Wer investieren soll, will sicher sein, dass seine Investition auch Planungssicherheit hat.“ Das aber fehlt bei der derzeitigen Regierung. Hier werden Standards immer wieder neu gefasst. Kaum ist ein Stall fertig, kommt eine neue Vorschrift. Dadurch sind mitunter auch neue Ställe plötzlich nicht mehr gesetzeskonform.
Connemann bekräftigt: Wenn es Planungssicherheit gibt, „sorgt das dafür, dass bessere Tierhaltung die Lebensmittel in Deutschland nicht immer gleich teurer machen.“ Sie kritisiert die sichtbare Ideologie hinter der Ampel-Politik, die „den Fleischverzehr in Deutschland unmöglich machen soll“.
Fehler eingestehen und neu ansetzen
„Ja, auch wir haben Fehler gemacht“, räumt Connemann mit Blick auf frühere CDU-Bundesregierungen ein. „Aber wir haben auch gelernt. Wir haben die Bereitschaft zu sagen: Es gibt Punkte, an die wir rangehen müssen, wenn wir die Chance dazu bekommen.“ Ein Grundsatz muss sein: Nicht immer anders als die anderen. Nicht immer komplizierter werden.
Sie bekräftigt: „Es geht immer um Vertrauen. Hat man es eingebüßt, ist es sehr schwer zurückzugewinnen. Und es ist besonders bitter, wenn man eigentlich Vertrauen verdient, es aber nicht bekommt. Wenn Landwirten geplant misstraut wird, tut mir das unendlich leid.“ Und was gar nicht geht, ist, „dass wir einen Minister haben, der gar keine Ahnung hat von Landwirtschaft. Deshalb gibt es auch so eine Kritik.“
Staatseinnahmen sinnvoll einsetzen
Höhere Steuern und Abgaben, Senkung oder Streichung von Subventionen. All das ist gar nicht notwendig, blickt man auf den Ampel-Haushalt. „Der Staat schwimmt in Geld“, bekräftigt Carsten Linnemann mit Blick auf den Haushalt der Ampel. Er hat noch nie so viel eingenommen, „er muss es nur richtig einsetzen.“ Es wirkt mitunter so, als würde mit den Landwirten ein Opfer gesucht, um eigene Ziele durchzusetzen. Was er sich wünscht? „Wir brauchen mal ein Referendum für Landwirtschaft.”