Who cares? – Herausforderungen für die Pflege in den Gemeinden
Zusammengefasst:
- Was ist die aktuelle Situation in der Pflege?
- Wo liegen die Probleme aus Sicht der Kommunalpolitik?
- Was sind die Ideen der Union?
„Who cares – Herausforderungen für die Pflege in den Gemeinden“ – darüber diskutieren im Panel-Talk Expertinnen und Experten. Annette Widmann-Mauz, Bundesvorsitzende der Frauen Union, moderiert die Runde. Es ist wichtiger denn je, die Herausforderungen für die Pflege zu diskutieren – und Lösungen zu finden. Zudem ist Pflege in der Regel weiblich, denn „es beschäftigt Frauen in ihrem Lebensalltag überproportional”, so die Vorsitzende der Frauen Union.
„Pflege steht unter einem doppelten demografischen Wandel: Immer mehr Menschen werden pflegebedürftig. Aber immer mehr verlassen den Beruf, immer weniger beginnen ihn.“ Annette Widmann-Mauz Annette Widmann-Mauz moderiert, Foto: CDU/ Anika Nowak
Hintergrund des Panel-Talks ist das Treffen der Kommunalpolitikerinnen im Konrad-Adenauer-Haus. Unter der Schirmherrschaft der stellvertretenden Generalsekretärin und Leiterin des Kommunalbüros der CDU Deutschlands, Christina Stumpp MdB, lud die CDU zum zweiten Mal Kommunalpolitikerinnen im Rahmen von WOMEN@CDU #KOMMUNAL ein. Im Gründungsjahr des Netzwerkes 2023 lag der Fokus auf der Wirtschaft, dieses Jahr drehte sich alles rund um das Thema Soziales und das Ehrenamt. Rund 200 engagierte Teilnehmerinnen reisten nach Berlin und diskutierten, reflektierten – und vernetzten sich untereinander. Mit neuen Impulsen fuhren sie zurück in ihre Heimatorte, um den Gedanken des Netzwerkes auch in ihre Kreisverbände zu tragen.
Was ist die aktuelle Situation in der Pflege?
Als Experten im Panel dabei aus dem Bundestag ist Sepp Müller, laut Widmann-Mauz der „Mann für alles rund um Gesundheit und Pflege in der Fraktion.“ Geballte Frauenpower bringen Eva-Maria Welskop-Deffaa, die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes und Karin Gaiser, Stadträtin in Weinstadt und Expertin für Pflegeinfrastruktur der AOK Baden-Württemberg, mit. Aus der Praxis gibt Sebastian Thieswald Einblicke, er ist Pflegefachkraft und Gründer eines Pflegecampus in Plauen.
Wie sieht es aus in der Pflege? Eva-Maria Welskop-Deffaa findet „erstaunlich unterschiedlich.“ Schlüssel für eine gute Versorgung ist die Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld. Aber wie kann man das erreichen? Es braucht viele Instrumente, aber vor allem Pflegekräfte. Doch genau das ist eine der größten Herausforderungen: „Wir haben immer mehr Schwierigkeiten, Pflegerinnen und Pfleger zu finden“, so die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes e.V., Eva-Maria Welskop-Deffaa. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sind hier nicht die Lösung. Denn die Beziehung zwischen Gepflegten und Pfleger kommt eine besondere Bedeutung zu. Pflege ist teuer, dies führt dazu, dass „Einrichtungen dazu übergehen, nur Menschen aufzunehmen, bei denen die Finanzierung gesichert ist.“
„Wir brauchen den Kanon aus verschiedenen Angeboten. Aber Kanon muss zusammenklingen.“ Sebastian Thieswald Annette Widmann-Mauz und Sebastian Thieswald, Foto: CDU/ Anika Nowak
Ein mögliches Lösungsmodell, welches die Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld in den Mittelpunkt rückt, ist der Pflegecampus in Plauen. Diese Pflegeeinrichtung verfolgt den „Gedanken der Begegnung“, so Gründer Sebastian Thieswald. Hier finden jüngere als auch ältere Pflegebedürftige ein Zuhause, und können sich generationsübergreifend begegnen. Ambulant lassen sich immer weniger Projekte dieser Art umsetzen, deshalb wurde der Pflegecampus stationär umgesetzt. Ein Vorteil? Personalprobleme gibt es nicht. Der Appell von Sebastian Thieswald: „Ich habe das neue CDU-Grundsatzprogramm gelesen. Ich hoffe, dass wir unsere Ziele auch wirklich umsetzen, wenn wir an die Regierung kommen.“
Wo liegen die Probleme aus Sicht der Kommunalpolitik?
Karin Gaiser, Stadträtin in Weinstadt in Baden-Württemberg, legt offen: „Die Kommunalpolitik hat zunächst gar keine Ahnung. Sie spürt das nur an den Angeboten. Aber wie das zusammenhängt und welche Regelungen es gibt, weiß niemand.“ Die Gesetzgebungssysteme passen nicht zusammen. Nur gut ein Fünftel der Pflegebedürftigen wird stationär versorgt, die meisten ambulant.
„Die Kommunen müssen sich vernetzen und kümmern.“ Karin Gaiser Karin Gaiser, Stadträtin in Weinstadt und Expertin für Pflegeinfrastruktur der AOK Baden-Württemberg, Foto: CDU/ Anika Nowak
„Die Komplexität ist im ambulanten Bereich am größten.“ Wichtig ist, ambulante und stationäre Angebote zu verzahnen. „Es braucht innovative Lösungen.“ Ihr Wunsch: „Liebe Gesetzgeber, ermöglicht es, dass diese Ideen umgesetzt werden können.“
Was sind die Ideen der Union?
Die Union will Abhilfe schaffen. Der Bundestagsabgeordnete Sepp Müller verweist auf das Positionspapier „Die Pflege zukunftsfest machen.“ Ein zentrales Thema: pflegende Angehörige übernehmen den weitaus größten Teil der Pflege. Die Aussichten sind schwierig. „Deshalb müssen wir in diesem Bereich flexibler werden.“
„Einfache Lösungsvorschläge gibt es nicht.“ Sepp Müller Sepp Müller ist Bundestagsabgeordnete und interessiert und macht sich trotz seiner 35 Jahre für das Thema Pflege stark, Foto: CDU/ Anika Nowak
Wir brauchen den Einstieg in ein Pflegegeld, ähnlich dem Elterngeld. Pflege zu Hause muss Ergänzung und nicht Ersatz für professionelle Pflege sein. Die starre Pflegefachquote von 50 Prozent führt dazu, dass Betten nicht belegt werden können, wenn Pflegefachkräfte ausfallen. Die Union will hier flexible Lösungen. „Vor Ort wissen sie am besten, wo die sind, die aufgesucht werden müssen.“ Ziel ist, dass Menschen so spät wie möglich in die Pflege kommen. Dazu braucht es Beschäftigung in Gruppen und lockere Betreuung zu Hause. Eine besondere Rolle in der Pflege spielen Pflegekräfte mit Migrationshintergrund, sie stellen gut ein Drittel aller Pflegekräfte. Klar ist: die Pflege menschenwürdig gestalten – diese Aufgabe bekommen Kommunen, Bund, Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund nur zusammen hin. Auch Pflegekräfte ohne deutschen Pass spielen eine wichtige Rolle. Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss gerade für Fachkräfte vereinfacht werden. Der demografische Wandel hat schon eingesetzt: Umso wichtiger ist, dass jetzt die besten Konzepte zusammengedacht werden, auch parteiübergreifend.